THE INVISIBLE

KATJA LOTTER

ÜBER DIE OFFENLEGUNG VON MACHTSTRUKTUREN

UND MACHTMISSBRAUCH

Ein fester Bestandteil unseres sozialen Lebens sind Machtstrukturen und der daraus resultierende Missbrauch von Macht. Eine große Dunkelziffer an Fällen und Betroffenen bleibt jedoch unsichtbar. Mit diesem Thema setzt sich Katja Lotter in der Designausstellung THE INVISIBLE auseinander – in Form von Fotografien sowie Designobjekten, Installationen und Videos. Die Arbeiten sind durch ge­stalterische Experimente entstanden, parallel zur wissenschaftlichen Erforschung des Themas und im Austausch mit Betroffenen.

Die Ausstellung THE INVISIBLE öffnet einen Raum, in dem Besuchende ihre persönlichen Erfahrun­gen reflektieren und ihre Aufmerksamkeit für das Thema schärfen können. Statt Symptome zu lin­dern, wird der Fokus der Arbeiten auf die Grundstrukturen und Dynamiken von Macht und Machtmiss­brauch gelenkt. Denn durch Sichtbarkeit und Verständnis für das Thema kann mit einfachen Mitteln frühzeitig gehandelt und in die Automatismen eingegriffen werden, um Betroffene zu schützen. Es ist ein Versuch, durch Design einen neuen Blick auf das Thema zu gewinnen, es nach außen zu tragen und so gemeinsam dem Missbrauch von Macht entgegenzuwirken.

THE INVISIBLE ist die Abschlussausstellung von Katja Lotter, Fotografin und Absolventin im Master Informationsdesign an der Fakultät Gestaltung Würzburg.

Kunsthaus Michel Würzburg 13.–27. Januar 2024, Eröffnung: 13. Januar 2024, 18 Uhr Öffentlich, Eintritt frei

Öffnungszeiten: Di–Fr 10–18 Uhr, Sa 10–13 Uhr

Doppeldeutig – Katja Tschirwitz und Christopher Knaus stellen aus

Doppeldeutig – Katja Tschirwitz und Christopher Knaus stellen aus

17. November 2023 – 5. Januar 2024

Doppeldeutig 
Duo-Ausstellung von Christopher Knaus und Katja Tschirwitz

Was haben wir hier? Zwei Collagierende aus Würzburg, die völlig verschiedene Bildwirkungen erzielen: Während Christopher Knaus aus seinen Weinkapselbildern heraus mal metallene Eleganz und mal stoffliche Papier-Reduktionen entwickelt, lässt Katja Tschirwitz surreale Papierwelten erstehen, die nur scheinbar vertraut wirken.

Für diese absurden Szenen greift Katja Tschirwitz in meditativer Geduldsarbeit auf Tausende einzeln ausgeschnittene Papierteile zurück. Als „Coronagen“ entwickelt im ersten Coronajahr, strahlen die suggestiven Kompositionen meist eine magische, beunruhigende Stille aus. Seit diesem Jahr schafft die Künstlerin auch reduzierte Schwarzweiß-Collagen, die teils auf selbstgemachten Fotografien basieren.

Christopher Knaus formt aus filigran bearbeiteten Weinkapseln Bilder, die in ihrer metallfarbenen Noblesse Ausgangspunkt für weitere Werkgruppen sind. Entstanden ist so ein ganzes System von formalen Beziehungen, das durch erweiterte Materialität lebendig wird: vergrößerte Abstraktionen aus Edelstahl, Blindprägungen in Büttenpapier, mit Weinkapseln veredelte Holzkisten sowie Verhüllungen in Diamantpapier.

Neben ihrer gemeinsamen Passion für die Collage verbindet Tschirwitz und Knaus eine von Kunst und Musik geprägte Freundschaft sowie eine nachbarschaftliche Kreativgemeinschaft – gemeinsame Ausstellungen waren also nur eine Frage der Zeit.

Mel Ramos

Lithographie

Emaille

von Nadine Waldmann

Mel Ramos wurde am 24. Juli 1935 im kalifornischen Sacramento als Sohn portugiesischer Einwanderer geboren. Er zählt zu den bedeutenden Vertretern der Pop Art.

Was ist Pop Art?

Pop Art ist die Abkürzung von Popular Art, also eine Kunst, die im Gegensatz zur betont intellektuellen abstrakten Kunst steht. Sie wendet sich dem Trivialen zu und fordert absolute Realität. Alle Elemente müssen rein und definierbar und klar umrissen sein, deshalb verwenden einige Künstler schwarze Linien, sogenannte Outlines, wie bei Comicheften. Ein weiteres Charakteristikum ist die häufig plakative Wirkung, also eine fehlende Tiefe und flächige Gestaltung. Das Farbspektrum beschränkt sich häufig auf unbunte und Primärfarben. Zwei Grundhaltungen. Anfängliche Begeisterung über den wiedererlangten Wohlstand nach dem Zweiten Weltkrieg und damit verbundene Konsumgesellschaft. Später kritische Haltung aufgrund von Vietnamkrieg, Ermordung Kennedys, Rassenunruhen, Drogenkonsum, die Verwundbarkeit der scheinbar perfekten Wohlstandsgesellschaft aufzeigten.

Wichtige Vertreter: Andy Warhol (Werbegrafiker), Roy Lichtenstein, Tom Wesselmann

Mit circa 15 sah Ramos „Weiche Konstruktion mit gekochten Bohnen (Vorahnung des Bürgerkrieges) von Salvador Dali und beschloss auch Künstler zu werden.

Er gestaltete schon in der High School Plakate für das Basketball-Team. Interessierte sich auch schon für Typographie und eignete sich autodidaktisches Wissen an, das später in seiner Kunst immer wieder auftaucht.

Ab 19 studierte er Kunst am Sacramento Junior College, am San Jose State College und an der California State University. Ein Jahr später, noch während des Studiums, heiratete er seine Jugendliebe. Lolita Alice Helmers, genannt Leta, ist selbst Künstlerin und Model.

War ein Schüler von Wayne Thiebaud, der sich vom damals vorherrschenden Abstrakten Expressionismus absetzen wollte. Malte ab 1961 Bilder von Hamburger, Torten, Muffins etc.

Ramos malte anfangs auch bewusst im Stile von Nathan Oliveira, der ebenfalls von portugiesischen Einwanderern abstammte. Menschliche Figuren und Portraits mit dick aufgetragenen Ölfarben und groben Pinselstrichen.

Dann kam es zur Wende in seinen Arbeiten. Ramos beschloss nicht mehr Menschen zu malen, die er kannte, sondern die mit denen er groß wurde und bewunderte. Er wendete sich den Bildwelten der Comichefte zu, ähnlich wie es Lichtenstein bereits tat. Sein erstes Motiv war Superman und damit wurde auch seine Farbpalette greller und reiner. Es folgten dann auch weibliche Superheldinnen.

Über Pin up-Girls nach Postkarten von Earl Moran und Zeichnungen von George Petty und Alberto Vargas und typische Werbearrangements mit aufreizenden Frauen zur Verkaufssteigerung gelangte er zum zentralen Thema seines Schaffens: Commercial Pin ups.

Dumonts Künstlerlexikon umschrieb diese Arbeiten folgendermaßen: „In vulgär-vitaler Pose auf gemalten Warenartikeln drapierte und damit die triviale Glamourgestik einer Werbemasche parodierte, die die Kauflust mit sexuellen Reizen schürt.“ Sie sollten für Jahrzehnte sein Markenzeichen bleiben. Ihn reizt es besonders Sehgewohnheiten aufzubrechen, deshalb sind die Produkte oft überdimensioniert im Vergleich zu den Frauen. Oft setzte er den Frauen auch die Köpfe von Berühmtheiten wie Liz Taylor oder Ursula Andress auf.

Bereits 1964, 10 Jahre nach Beginn seines Studiums, war er regelmäßig auf Einzel- und Gruppenausstellungen in den USA und Europa zu sehen. Arbeiten von ihm fanden Eingang in die Sammlungen des New Yorker MOMA, die Albertina in Wien und das Guggenheim Museum.

Wurde für seine freizügigen Darstellungen aber auch immer wieder kritisiert, anfangs von der konservativen, später von der feministischen Seite.

Seine „Animal Paintings“ aus der Zeit zwischen1964 und 1971 sorgten auch für Aufruhr. In Anlehnung an antike Motive wie Zeus und Europa oder Leda und der Schwan malte er provozierende Frauengestalten, die mit Tieren agieren. Die Bilder sind jeweils nach dem dargestellten Tier benannt, die Frauen wirken eher wie nebensächliche Deko. Dennoch blicken diese den Betrachter selbstbewusst an und agieren aktiver. Auch hier spielt Ramos mit den Größenverhältnissen, Tiere schrumpfen teils auf mittelgroße Kuscheltiergröße. Als diese in Köln gezeigt wurden, schritt sogar die Polizei ein und verhängte die Bilder.

Er selbst äußerte sich bezüglich der Kritik folgendermaßen: „Ich achte darauf, dass meine Bilder „geschmackvoll“ und nicht allzu erotisch sind, dass sie immer einen Anflug von Humor haben. Entweder versteht man, was gemeint ist, oder eben nicht.“

Ab 1972 arbeitete er an der Serie „A Salute to Art History“. Er ehrte damit seine Vorbilder und Inspirationsquellen. Das waren vor allem die Meister der 18. und 19. Jahrhunderts wie Ingres oder Manet. Ramos übersetzt diese in seinen eigenen Stil und seine Gegenwart. Er bezeichnet es als „Saubermachen des Porträts“ und sagt „Die Bilder sind die gleichen, ich habe nur die Patina entfernt.“ Er ersetzt Modelle durch Pin ups mit „Updates“ wie neue Attribute, Bikinistreifen etc.

In den 1980ern widmete er sich bisher für ihn unerforschten Terrain: Selbstporträts und Landschaften. Auch wendete er sich vermehrt der Zeichnung zu, um so den kreativen Schaffensprozess zu veranschaulichen.

Ähnlich verhält es sich mit seinen „UnfinishedPaintings“. Die in klassischen Posen, halb gemalten, halb gezeichneten Figuren erwecken einen unfertigen Eindruck, dokumentieren den Schaffensprozess und verbeugen sich zugleich vor seinen Vorbildern aus der Kunstgeschichte.

In den „Lost Paintingsof 1965“ überarbeitete er Themen und Stile aus vergangenen Arbeitsphasen nochmals.

Ab 2000 stand die griechische Mythologie im Mittelpunkt seines Schaffens.

Er unternahm auch Ausflüge in die Bildhauerei und führte seine Arbeiten so in die Dreidimensionaliät.

Er verstirbt am 14. Oktober in Oakland, Kalifornien.

Bei aller Vielfalt seines Schaffens ist eines den Werken gemein. Ramos möchte nicht, dass der Betrachter gedankenschwer vor seinen Arbeiten steht und überlegt, was der Künstler wohl sagen will. Er greift auf bekannte Motive zurück und schafft es dabei dennoch vertraute Sehgewohnheiten aufzubrechen. Durch seine absurde Kombination von Bildelementen und seinem Spiel mit Illusionen schenkt er dem Betrachter eine Pause von der Normalität

Jutta Fiedler Ton und Phantasie

5.5.23 – 30.6.23

Jutta Fiedler ist in Würzburg zuhause und erlernte den Beruf der Kinderkrankenschwester, machte Fortbildungen und arbeitete schließlich als Lehrerin für Kinderkrankenpflege. Sie ist verheiratet und hat 2 erwachsene Töchter!

„Die wahren Abenteuer sind im Kopf“, sagt die Künstlerin und zitiert damit André Heller, in dessen Chansontext es weiter heißt: „und sind sie nicht im Kopf, dann sind sie nirgendwo“.

Ein Abenteuer war auch der Weg von Jutta Fiedler in die Kunst.

Es ist noch nicht so lange her, dass Frauen oft erst auf Umwegen zur Kunst kamen: weibliche Lebenswege verliefen nicht immer so geradlinig wie männliche, waren aber gerade deshalb häufig besonders vielfältig und reich. Frauen ordneten ihre eigenen Interessen oft denen ihrer Lebenspartner und ihrer Familie unter und erinnerten sich erst, wenn sie “ aus dem Gröbsten heraus “ waren, wieder an ihre Begabungen.

So war es auch bei Jutta Fiedler. In den 80er Jahre kam sie zur Kunst – und zwar durch ihre Schwester, die selbst künstlerisch tätig ist! Ohne sie gäbe es vielleicht diese Ausstellung nicht!

Jutta Fiedler litt an einer Beinverletzung, die sie ans Haus fesselte, was ihre Schwester Romi Friedel veranlasste, ihr einen Klumpen Ton vorbeizubringen mit der Aufforderung, was draus zu machen.

Diesen ersten Anfängen folgte ein Töpferkurs, der die Freude am plastischen Gestalten aufblühen ließ.

Damals wagte sie sich noch nicht an die menschliche Figur, sondern formte vor allem Fantasiewesen, die aus Fabeln, Märchen und Grotesken zu stammen scheinen.

Ein Hauch dieser Gestaltungsweise und die Neigung zum Surrealen sind der Künstlerin geblieben. So z.B. wenn sie eine lachende Frau auf einem Fisch reiten lässt oder wenn bunte Vögelchen das Haar eines jungen Mädchens zum Fliegen und ihre Frühlingsgefühle zum Tanzen bringen. Dass diese poetischen Kunstgriffe auch eine sinnhafte Bedeutung haben, ist offensichtlich.

Die 3 farbig gefassten Tiere – Giraffe, Ochse und Seepferdchen – erinnern ein wenig an die ersten Fantasiewesen, auch wenn sie jetzt durchaus realistisch sind.

Studien an der Trierer Sommerakademie und ein weiterer Töpferkurs in Karlsruhe brachten Sicherheit und Mut zur menschlichen Gestalt! Hatte sie doch mit ihrer anatomischen Vorbildung aus der Schwesternschule beste Voraussetzungen!

Seit 2005 steht nun der Mensch im Mittelpunkt ihres Schaffens.

Erst 2014 wage sie den Schritt an die Öffentlichkeit bei der Fine Arts im Kulturspeicher – mit großem Erfolg!

In ihrem Beruf als Krankenschwester hatte sie gelernt, Menschen genau anzuschauen, ihre Gefühlsregungen zu lesen, auf sie zuzugehen und Sorgen und Ängste zu verstehen.

Eine bessere Schule für ihre künstlerische Tätigkeit hätte sie nicht haben können!

Es macht Jutta Fiedler Freude Menschen zu beobachten, Ihre Körpersprache und Mimik zu studieren, freiwillig und unfreiwillig komische Momente und zwischenmenschliche Interaktionen festzuhalten.

Ihr Blick auf den Menschen ist liebevoll und anteilnehmend – nicht kritiklos – aber voller Empathie.

Sie erinnert mich in dieser Hinsicht sehr an unsere bekannteste Würzburger Künstlerin der Moderne – an die Bildhauerin Emy Roeder. Auch für sie war der Mensch das Hauptthema und sie zeigte fast ausschließlich seine positiven Seiten.

Jutta Fiedler schöpft aus dem eigenen Erleben und aus der Beobachtung ihrer Zeitgenossen. Sie ist überdies besonders fantasiebegabt, also ein Mensch, der sich vorstellen kann, wie Dinge sein oder sich Begebenheiten entwickeln könnten. Mit einem Wort – sie ist auch eine große Geschichtenerzählerin.

Bei Spaziergängen mit ihrem Hund sind beide übereingekommen auf Unterhaltungen zu verzichten und den eigenen Gedanken nachzuhängen, wobei dann manche Idee zu plastischen Werken entsteht.

Bei diesen Wanderungen entdeckt sie immer wieder Objekte – seien es Schneckenhäuser, Knochen oder Schädel von Tieren, Federn oder gar alte Nester und vieles mehr, das sie manchmal in ihre Plastiken einarbeitet.

Da richtet sich eine junge Frau ein Nest auf einem Zweig, ein altes Stück Holz kann zur Basis einer Plastik werden und ein Stein wird zur Sitzgelegenheit.

Erstaunlicherweise geht den Figuren von Jutta Fiedler kein Entwurf voraus. Sie benutzt auch keine Vorlagen oder Modelle, und Fotografien dienen nur dazu um Proportionen zu vergleichen.

Am liebsten nutzt sie eine hölzerne Künstlerpuppe, da diese neutral ist und so ihre künstlerischen Vorstellungen nicht beeinflussen kann. Letztlich werden Körperformen von den Emotionen bestimmt, die sie ausdrücken möchte.

Auffallend ist bei Jutta Fiedlers Plastiken aus hellem Ton das keine Format und die weiße, Glasur, die sie wie Porzellan wirken lassen. Details werden bisweilen farbig akzentuiert, was sie besonders hervorhebt und in ihrer Bedeutung steigert.

So sind z.B. die Stiefel einer jungen Frau, die mit großen Schritten voranstürmt, mit glänzendem Gold glasiert. “Zu dir. Mit Siebenmeilenstiefeln“ ist der Titel dieser ausdrucksstarken kleinen Figur.

Auch die hinreißende Büste einer ganz im Rokokostil gekleideten und frisierten jungen Frau, wird durch einige farbige Akzente belebt. „Der Schlüssel“ ist der Titel dieser Plastik, und sie hält ihn – goldglänzend – mit bedeutungsvollem Blick fest. Zu welchem Schloss mag er passen? Zu einer geheimen Kammer, zu einem Tagebuch oder zu einem Herzen? Wir wissen es nicht, aber wir dürfen unseren Gedanken und Ideen Raum geben, eine Geschichte erfinden oder den Schlüssel zum öffnen unserer eigenen Seele verwenden – vielleicht wird so Vergessenes und Verschüttetes wieder wach! Auch das, meine Damen und Herren, kann Kunst!

Mit der weißen Glasur und der sparsamen Farbigkeit erreicht die Künstlerin eine gewisse Distanz zu ihrer realistischen Gestaltungsweise und gibt dem Beschauer Raum zum Innehalten und für eigene Gedanken.

Eine ebenso faszinierende weibliche Büste trägt den Titel „In meinem Kopf“. Das, was sich in Jutta Fiedlers Gedanken und Gefühlen verbirgt, hat die Künstlerin nach außen gewendet und in den den wie elektrisiert sich sträubenden Haaren versteckt. Während das lächelnde Gesicht mit geschlossenen Augen ganz träumerisch und entspannt wirkt, tummeln sich im Haar die Form und Farbe gewordenen Ideen und Inhalte ihres Lebens. Ein Buch und ein Wollknäuel mit Stricknadeln sind ebenso vorhanden wie ein angebissener Apfel ein Wickelkind und vieles mehr – lassen Sie sich überraschen! Vielleicht entdecken Sie ganz neue Seiten an der Künstlerin.

Manchmal sind auch Gedichte Inspirationsquellen für Jutta Fiedler. Hilde Domin ist eine Autorin, die sie besonders liebt und von ihr stammt der Titel: „Und doch, wenn du lange gegangen bist, bleibt das Wunder nicht aus“.

Eine junge Frau kniet erschöpft vom langen Weg auf einem Sockel aus altem Holz. Nur die Lippen des weißen Figürchens beleben das Gesicht mit zartem Rot, ein zögerliches Lächeln, ein Hoffnungsschimmer, vielleicht doch ein Wunder?

Gerne greift die Künstlerin auch in die lange Tradition von Literatur und Kunstgeschichte.

Da gibt es ein bezauberndes Köpfchen, geschmückt mit den Früchten und Blumen des Herbstes, das an die lange Tradition der Jahreszeitendarstellungen erinnert. Auch der Renaissancekünstler Giuseppe Arcimboldo mit seinen skurril zusammengefügten Gesichtern lächelt aus dem 16. Jahrhundert herüber.

Diesmal wurde das Köpfchen farbig gefasst und strahlt in den warmen Tönen der Erntezeit.

Gold – und Pechmarie, ein Märchen der Sammlung der Brüder Grimm, wurden als zierliche Mädchen geformt und auf Holzsockeln platziert, die eine von Gold übergossen, die andere schwarz vom Pech. So drastisch hat man in jenen Zeiten die Folgen von guten und schlechten Handlungen dargestellt.

Ich fürchte, es wird wohl nur eine Frage der Zeit sein, dass auch die Brüder Grimm „verbessert“ werden!

Ein Thema der Kunst von der Antike bis zum heutigen Tag sind die 3 Grazien. Meist stehen sie, wenig oder gar nicht bekleidet, im Kreis beieinander, fassen sich an den Schultern und drehen sich im Tanz. Bei Jutta Fiedler sind die Töchter des Zeus, die den Menschen Lebensfreude und Schönheit brachten, ausgelassene junge Mädchen, die in frisch geernteten Trauben schwelgen. Auch hier werden mit wenig Farbe geistreich Akzente gesetzt.

Jutta Fiedlers detailliert und lebendig gestaltete Figuren, zeigen Schmerz und Freude, Witz und Lebensklugheit, sie erzählen Geschichten und sind Sinnbilder menschlicher Stärken und Schwächen.

Damit greifen sie in zeitgenössische Weise auf den Realismus des 19. Jahrhunderts zurück, wo Maler und Bildhauer die ganz alltägliche Lebenswelt des Menschen zeigen wollten. Vom Publikum hoch geschätzt, wurden diese Werke zum Zentrum des Schauens und Nachdenkens, über sie wurde im Freundeskreis diskutiert und geschmunzelt, ja vielleicht sogar eine Lebensmoral daraus gewonnen. Die lebendigen und ausdrucksvollen Arbeiten von Jutta Fiedler könnten durchaus die modernen Nachfolger dieser Werke sein.

Ich denke, meinen Damen und Herren, die Erläuterungen und Beispiele reichen für Ihren eigenen Weg durch die Ausstellung.

Erfreuen Sie sich an der Kunst und lassen sie sich auf diese faszinierenden Werke ein, Sie werden viel entdecken und Nahrung für Geist und Seele finden.

Genießen Sie die Gespräche und den Wein und nehmen Sie einen wenig Wärme und Inspiration mit in den Alltag hinaus.

Liane Thau / Kunsthistorikerin

Ausstellung

Gerhard Friedrich Merkel

„Lyrismus und Linienzauber“

31. März – 28. April 2023

VITA
Gerhard Friedrich Merkel
Maler, Zeichner und Graphiker
Geburtsdatum: 19.12.1956
Geburtsort: Poxdorf (Kreis Forchheim)
1967-1975 Christian-Ernst-Gymnasium Erlangen
(Musisches Gymnasium)
1976 Einjähriges Praktikum in der Siebdruckerei
Hofbauer in Nürnberg-Doos
Erste eigene Siebdrucke
1978 Unterweisungen und Unterricht durch
Tugomir Huberger, akademischer
Kunstmaler und Bildhauer (2001
verstorben, Dozent der VHS Erlangen)
Unterricht in Aktzeichnen und Bildhauerei
Es entstand eine 29 Jahre andauernde
Freundschaft
1988-1994 Geschäftsführer der Kunsthandlung
„Galerie Pegasus“ in Erlangen
Ausstellungen mit internationaler
Druckgraphik und individuellen
Einrahmungen
Seit 1996 freischaffend mit Schwerpunkt
Trockenmalerei
2019 Umzug nach Weisendorf in
Reihenhaushälfte mit großem Kunstatelier

Reinhard Dachlauer zum 100. Geburtstag

Nochmals Verlängert bis 24. Feb. 2023

Ausstellungseröffnung „Reinhard Dachlauer zum 100. Geburtstag“

Das Kunsthaus Michel in der Semmelstraße eröffnet am 14. Oktober 2022 um 19:00 Uhr seine neue Ausstellung „Reinhard Dachlauer zum 100. Geburtstag“.

Anlässlich des 100. Geburtstages von Reinhard Dachlauer (1922 – 1995) präsentiert Gerd Michel 70 Tierbronzen des Würzburger Bildhauers. Ergänzt werden diese durch eindrucksvolle Tierzeichnungen des Künstlers Raoul Kaffka.

Die Bandbreite der Exponate Dachlauers reicht von mächtigen See-Elefanten über exotische Kiwis bis zu lauernden Katzen. Natürlich fehlen auch Stier und Bär – im Kleinformat – nicht. Die großformatige Skulptur „Bulle und Bär“, die seit 1988 vor der Frankfurter Börse steht, machte ihn international bekannt und zu einem der bekanntesten Tierplastiker der Gegenwart.Der Autodidakt Dachlauer verstand es wie kaum ein anderer durch seine ausgeprägte Beobachtungsgabe das Wesen unterschiedlichster Tiere mit großer Ausdruckskraft in eine schlichte Form zu bringen.

Das Rahmenprogramm besteht aus einem einführenden Vortrag der Kunsthistorikerin und Volkskundlerin Nadine Waldmann M.A.

Die Ausstellung „Reinhard Dachlauer zum 100. Geburtstag“ läuft bis zum 20. Dezember 2022. Das Kunsthaus Michel hat Montag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr, Samstag von 10 bis 13 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.

100 Jahre Paul Flora

Original Zeichnungen

25.3.22 bis 15.6.22

von Nadine Waldmann M.A.

Der bekannte Karikaturist, Zeichner, Illustrator und Grafiker Paul Flora wurde vor knapp 100 Jahren am 29. Juni 1922 im beschaulichen Glurns in Südtirol geboren. Zählt mit nur 905 Einwohnern zu den kleinsten Städten in den Alpen.

Glurns

Der Ort im Vinschgau wurde unter anderem bekannt, weil vor 500 Jahren die lokal ansässigen Mäuse wegen verursachter Feldschäden angeklagt wurden.

Diese kamen der Vorladung allerdings nicht nach und erschienen nicht bei Gericht. Sie wurden für schuldunfähig befunden und verurteilt den Ort zu verlassen. Hierbei wurden ihnen Geleitschutz gegen ihre natürlichen Feinde wie Hunde oder Katzen gewährt. Zusätzlich galt eine Ausnahmeregelung für werdende Mütter, diese bekamen eine Zusatzfrist bis 14 Tage nach der Niederkunft. Noch heute kann man im Andenken an das Verfahren in einer ortsansässigen Konditorei „Glurnser Mäuse“ in Schokolade mit Marzipanfüllung kaufen.

Kindheit und Jugend

Er selbst schilderte seine Kindheit, dass er inmitten von sechs Geschwistern aufwuchs, eher hastig und beiläufig erzogen wurde, ein schwieriges Kind war und mehrere interessante Komplexe bekam, welche seither seine Geschäftsgrundlage bilden.

Als Paul Flora 5 Jahre alt ist, zieht die Familie nach Innsbruck um. Sein künstlerisches Talent wurde bereits früh erkannt und durch einen Zeichenlehrer gefördert.

Mit 14 entdeckt er Alfred Kubin für sich und wird eine lebenslange Verbundenheit zu diesem Künstler und seinen Arbeiten pflegen. Dessen Bildwelt, die ihm aus regionalen Gründen vertraut war, inspirierte Flora und fortan bevölkerten auch seine Werke Geister, Gehenkte und Mordfälle. Darüber hinaus begeisterte die Literatur Rilkes sowie „Die Buddenbrooks“ von Thomas Mann.

Sein Zeichenlehrer brachte ihn zu dem renommierten Porträtmaler Max von Esterle, der einen Aktzeichenkurs an der Uni Innsbruck gab. Paul Flora war damals noch junger Gymnasiast und dementsprechend war seine Teilnahme eine große Affäre und bedurfte einer schriftlichen Bestätigung der Eltern diese „sittliche Gefährdung“ zuzulassen.

Studium/Krieg

Nach dem Abitur/Matura 1942 ging er nach München und wurde ohne Aufnahmeprüfung nur durch Vorlage seiner Zeichnungen an der Akademie der Bildenden Künste aufgenommen.

Bei einer Wohnungsbesichtigung sah er auf dem Tisch der Vermieterin den Roman „Die andere Seite“ von Alfred Kubin liegen. Nach einem kurzen Gespräch entpuppte sich diese als Cousine Kubins und Flora zog dort ein.

In München war er laut eigener Aussage eher faul, ließ sich treiben und fühlte sich wie in einem Wartesaal. Er sah die Akademie kaum von innen, konnte nichts beginnen und wollte eher das „Ende des Schreckens“, gemeint ist der Zweite Weltkrieg, abwarten. Seine einzige Anregung war die Kunsthandlung Gauss mit Büchern und Drucken, die heimlich aus Paris beschafft wurden. So konnte er sich an Arbeiten von Kokoschka, Matisse, Klee und Picasso erfreuen.

Er verdiente sich etwas Geld dazu, indem er Zeichnungen für die Zeitschrift das Familien-ABC fertigte und mit 5 Mark pro Arbeit entlohnt wurde.

1944 wurde er in die Wehrmacht einberufen und leistete Kriegsdienst in Italien, Ungarn und der Slowakei. Er kam allerdings relativ glimpflich davon. Das einzige Wesen, das er während des Krieges tötete, war eine Kuh, die durch den Schlachtlärm verrückt geworden war. Nach einer kurzen Zeit in amerikanischer Kriegsgefangenschaft kehrte er 1945 nach Innsbruck zurück.

Karriere

Bereits im November desselben Jahres fand seine erste Ausstellung in Bern statt.

Im gleichen Jahr erhielt er eine Stellung als Beamter. Er sollte ein Kulturbüro leiten und sagte dazu selbst: „Kein Mensch, geschweige denn ich, hatte eine Ahnung, was ich überhaupt tun sollte.“ Scheinbar hat er es auch nie herausgefunden und daher schon drei Monate später seinen Dienst wieder quittiert.

Ein persönliches Highlight der Nachkriegszeit für Flora war, die persönliche Bekanntschaft und später Freundschaft zu dem von ihm bewunderten Alfred Kubin, die bis zu dessen Tod im Jahr 1959 anhielt.

Ab 1949 wird er Mitarbeiter bei der Münchner „Neuen Zeitung“. Und das sollte nur der Anfang seiner Karriere als einer der beliebtesten Zeichenkünstler im deutschsprachigen Raum werden. Er arbeitete außerdem für „Die Zeit“, den “Observer“, die „Times“ und verschiedene andere internationale Blätter, da seine Zeichnungen und Karikaturen unabhängig von Sprachen verstanden werden konnten.

Bei dem Züricher Diogenes Verlag bringt Flora eigene Bücher heraus, illustriert aber auch Bücher anderer Autoren, wie zum Beispiel Erich Kästner, der den Glurnser auch als „Bilderschriftsteller“ bezeichnete.

Seiner ersten Einzelausstellung in Bern 1945 sollten noch zahlreiche andere folgen, unter anderem in der Galerie Gurlitt in München, im Ferdinandeum in Innsbruck, bei der Biennale in Venedig oder der Münchner Akademie der Schönen Künste. Von 1964 bis 1992 kuratierte er Ausstellungen für die Städtische Taxis-Galerie in Innsbruck.

Darüber hinaus entwarf der überaus produktive Künstler auch Bühnenbilder für das Wiener Akademietheater oder das Schauspielhaus in Hamburg, Briefmarken, Geschirr, Briefbeschwerer, Weinetiketten, Telefonkarten für die österreichische Post, Logos für Vereine und bemalte Kachelöfen.

Noch an seinem Todestag, dem 15. Mai 2009, soll er an einer Zeichnung gearbeitet haben. So wundert es nicht, dass sein umfangreiches Werk aktuell niemand überblickt und es bisher kein Werkverzeichnis seiner zahlreichen unnummerierten Zeichnungen gibt. Flora blieb bei allem Erfolg bodenständig und seiner Heimat verhaftet. So verkaufte er seine Zeichnungen regelmäßig auf dem Markt in Glurns und war stolz darauf, dass seine Zeichnungen nicht nur in Museen, sondern auch in abertausenden Wohnzimmern „einfacher Menschen“ hingen.

Er selbst beschrieb sich und sein Arbeiten sehr bescheiden: „Ein besonders engagierter Mensch bin ich nicht. Mir kommt es hauptsächlich darauf an, möglichst gute Zeichnungen zu machen, mich bei der Arbeit an diesen zu amüsieren und dafür womöglich noch bezahlt zu werden.“

Stil und Motive

Flora wurde einmal in einem Interview nach drei Dingen gefragt, die er mag.

Seine Antwort lautete: „Provinz, Oktober und Trompete blasen“.

Diese Aussage charakterisiert trotz ihrer Kürze dennoch die beiden Pole, die in Floras Schaffen immer präsent sind: In schweren dunklen Szenarien blitzt häufig ein Funken Humor oder Ironie auf, während vermeintlich heitere Darstellungen häufig auch einen melancholisch-schwermütigen Zug aufweisen.

Die Bildwelt Paul Floras zeichnet sich durch einen Reichtum an Phantasie und Facetten aus.

Wie ein roter Faden zieht sich seine Vorliebe für das Mysteriöse, Skurrile und etwas Abseitige durch sein Oeuvre. Die Bewunderung für Alfred Kubin scheint immer wieder durch.

Die Nacht ist bei ihm präsenter als der Tag, Bäume sind häufig vom Wind gebeutelt und blätterlos und oft verteufelte Tiere wie Ratten, Fledermäuse, Raben oder schwarze Katzen huschen in diesen Szenarien umher.

Venedig mit seinem morbiden Charme des drohenden Verfalls beschäftigte Flora immer wieder in seinen Arbeiten.

Er bezeichnete die Lagunenstadt als Ort, wo man nie zu spät kommt, denn alles bleibt gleich, obwohl es immer ein bisschen mehr verfällt.

Er porträtiert auch Venedig in seinem markanten Stil. Zum einen die düstere Seite der Stelzenstadt mit nächtlicher Lagune und den fast schon bedrohlich wirkenden Schatten der Palazzi, gleichzeitig tauscht er augenzwinkernd die als friedfertig geltenden Tauben auf der Piazza San Marco mit einer Horde schwarzer Raben aus.

Paul Flora war trotz internationaler Bekanntheit – und das bereits vor Social Media – sehr mit seiner Heimat Tirol verbunden. Dennoch stand er gewissen Tiroler Eigenheiten bzw. Traditionen reserviert gegenüber. Obwohl er die Gabe des „bösen Blicks“ auf die Welt hatte und er das oft Verlachenswerte in seinen Zeichnungen festhielt, tat er dies nie mit Bösartigkeit, sondern mit subtilem Humor. Selbst der dumpfeste Tiroler Schütze wie bei Flora zum Original.

Ein Vogel, der in Tirol, aber auch über den restlichen Erdball verbreitet ist – der Rabe – war eines der Lieblingsmotive des Künstlers. Unzählige Male zählte er die zu Unrecht verrufenen überaus intelligenten Tiere dar.

Sogar seinen Grabstein zieren zwei der schwarzen Rabenvögel.

ALEXANDER BEFELEIN

Stadtlandschaft

https://my.matterport.com/models/EgzFiFKYPGW?section=media

9. Dezember 2021 – 9. Februar 2022

Der Münchner Künstler ist ein Meister der detaillierten Zeichnung und hat sich insbesondere durch seine einzigartigen Stadtansichten international einen Namen gemacht. Seine Werke wurden seit den 1990er Jahren weltweit ausgestellt, u.a. in Deutschland, Schweiz, Österreich, Frankreich, USA und Japan.Der Münchner, USA und Japan.

Charakteristisch für Befeleins Werke ist das „non-finito“: Einzelne Partien bleiben skizzenhaft und laufen ins Leere aus, während andere durch ihren Detailreichtum und ihre minutiöse Ausarbeitung faszinieren. Befeleins Vorliebe gilt den Farben Orangerot, Indischgelb und einem leuchtenden Blau, die er sehr gezielt einsetzt, um den Brennpunkt seiner Kompositionen zu verstärken. Er komplettiert seine Bilder durch intuitiv gesetzte Chiffren, scheinbare Konstruktionslinien und Buchstaben oder Zahlen. So gelingt es ihm, eine große Lebendigkeit seiner dargestellten Motive zu erreichen, seien es Stadtansichten, Tiere, Pflanzen oder Menschen. Selbst seine Stillleben wirken wie Momentaufnahmen, haben etwas Leichtes in ihrer vermeintlich willkürlichen Anordnung und scheinen sich im nächsten Augenblick schon wieder zu verändern.

Alexander Befelein wurde 1952 in Bremen geboren, wuchs in Nürnberg auf und zog 1971 nach München, um dort Kunst zu studieren. An sein Studium schloss er einen einjährigen Arbeitsaufenthalt in Nizza an und ist seither ausschließlich als Künstler tätig. Seine Malreisen führten ihn um die ganze Welt von den USA und Mexiko über Indonesien und Thailand bis hin nach Ägypten, Marokko, Russland, Skandinavien und England. Heute lebt und arbeitet er in München und in Italien.

Text Galerie Kersten Brunnthal / München

Stephen Bithell – Plein Air. Brushstrokes with the heart

KUNST IST ARBEIT

Hier ein kleiner Rundgang durch die Ausstellung:

https://my.matterport.com/models/nLyrxF9GTCv?cta_origin=last_created_space&section=media

Meine Reise mit der Kunst begann als Kind. Im Alter von vier
Jahren, als wir auf Gibraltar lebten, brachte mich meine Mutter
einmal zum Kindergarten. Das wollte ich aber nicht. Als
keiner schaute, bin ich abgehauen und ihr nach Hause gefolgt.
Daraufhin beschloss man, dass ich am besten zu Hause
bleiben sollte. Man setzte mich an den Küchentisch und
gab mir Buntstifte und Malkreiden.
Als ich heranwuchs sagten mir Bilderbücher mehr als Bücher
mit Texten. Ich malte und malte ab was ich sah, meist wenn
die Familie Fernsehen schaute: die Pflanzen meiner Mutter,
unseren Hund, einfach alles, auch männliche und weibliche
Körper nach Katalogabbildungen. Das war für mich wie das
Zeichnen von Abgüssen antiker Meister.
Ich experimentierte mit Wasserfarben, versuchte die Farben
der Prä-Raffaeliten mit etwas Surrealem zu verbinden, das
von Liedern und Videos von Bands wie Visage beeinflusst war.
Meine Kunstlehrerin an der Schule gab mir die Freiheit zu
malen und zu zeichnen, was ich wollte, es einfach einmal zu
machen. Sie zeigte mir die Prä-Raffaeliten oder Milets Ophelia:
Ein hervorragender Pinselstrich in all dem Blätterwerk,
auch all die Vergrößerungen. Sie zeigte mir auch Vincent und
seine Zeichnungen und Bilder. In jener Zeit entdeckte ich
dann für mich auch Picasso, Constable und die Ölmalerei.
Ich hatte mich verliebt: Ölmalerei schien mir Fehler leichter
zu vergeben, schien mir unmittelbarer und direkter als Zeichnen.
Ich entdeckte Constables Weymouth Bay, seine im Freien
angefertigten Ölskizzen und Aquarellbilder des Himmels.
Von Picasso übernahm ich den Raum und die Illusion des
Raumes, und seine Linienführung.
Dann ging ich zwei Jahre auf die Kunsthochschule, in einen
Grundkurs über Kunst und Design. Das war an in Shelley
Park, einst das Heim von Mary Shelley. Das erste Jahr studierte
ich Farbtheorie, Zeichnen, 3D-Kunst, Drucken, Fotografie
und noch viel mehr.
Als ich Malerei in meinem zweiten Jahr dort wählte, wuchs
ich, ohne dass ich es merkte, mit den Aufgaben. Ich brach
mit den Einschränkungen, die mir Kurse und Lehrkräfte auferlegten.
Einen Kurs zum Bauhaus empfand ich als mich
beengend, mich zerquetschend. Genauso ging’s mir mit der
Farbtheorie von Alan und den Zeichenkursen von Howard.
Die Freiheit war dahin, ich würde wohl nicht geformt werden.
Oder doch?
Das Zeichnen ist immer noch das Grundgerüst meiner Malerei.
Wo immer ich auch hinschaue, sehe ich Aufbau, Formen,
vertikale Linien, die horizontale durchschneiden. Wenn ich
male, ist jeder Farbfleck ein Augenblick, der in Farbe eingefangen
wurde. Ein Gemälde besteht aus vielen solchen Augenblicken.
Manchmal dauern diese Augenblicke eine Stunde,
z.B. in der Plein Air Klasse, manchmal dauern sie länger,
einen Tag.
Eine Serie von ehrlichen Farbflecken ist mein Vokabular.
Cadmium, Hellgelb, Ocker, Ultramarinblau, Cobaltblau und
reines Rot, damit buchstabiere ich meine Bilder. Ich zeichne
und male praktisch jeden Tag, habe mein Moleskine-Taschenskizzenbuch
und einen Bleistift immer in der Tasche.
Ich reduzierte meine Malsachen so, dass sie in eine Jackentasche
passten. So kann ich Momente festhalten, das besondere
Licht bevor es regnet, die kalte Luft des Winters, die Hitze
des Sommers in den Wäldern, ich kann Flüsse abbilden, Hügel
und Höhenwege, die Seen von Radipole und Pallington.
Das ist meine Lebensaufgabe, die niemals endet.
Stephen Bithell

NOCHE DE FIESTA

 

Barbara Kahlert und Oliver Thedieck laden mit Gitarre und Flöte zu einer spanisch-südamerikanischen Nacht ein. Hören Sie Tangos aus Argentinien, markante Rhythmen aus Puerto Rico und bekannte Melodien sowie Klassiker aus Brasilien. Barbara Kahlert und Oliver Thedieck präsentieren ein abwechslungsreiches Programm mit Werken von Piazzolla, Cordero, Machado und anderen Komponisten. Die Spielweise des Duos ist dabei „kompetent und authentisch“ (Süddeutsche Zeitung) und zeichnet sich aus durch einen „wundervollen Klang und perfekte Balance der beiden Instrumente“ (BRAVIO, Gitarrengesellschaft). 

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