Gerd Michel Beautiful People

„Beautiful People“

 

Wenn Sie die Suchmaschine Google mit dem Begriff Beautiful People füttern, stoßen Sie mit dem ersten Treffer auf ein „Online dating for beautiful people only“, auf eine Partnerbörse und Community , die ausschließlich gut aussehende Menschen vorbehalten ist. Gerd Michels Wunderschöne, die in seiner neuen Ausstellung zu sehen sind, brauchen keine neuen Partner. Liz Taylor, die den Umschlag des Kataloges ziert, war bekanntlich acht mal verheiratet, davon zweimal mit Richard Burton. Michels Protagonisten sind ausnahmslos schöne Menschen, oder besser gesagt: sie waren es einmal, auf dem Höhepunkt ihres Ruhms. Sofern sie nicht verstorben sind wie Jim Morrison von den legendären Doors oder die Monroe, hat das Leben in ihren Gesichtern später deutliche Spuren hinterlassen, wie es etwa aktuelle Pressefotos von Brigitte Bardot belegen.

Der Künstler hat sich für seine Bilder alter Aufnahmen bedient, welche gewissermaßen Kultstatus genießen und Pop-Ikonen sind. Dieser Begriff ist durchaus angebracht, denn Ikonen, die Heiligenbilder der Ostkirche, dürfen bekanntlich nicht verändert werden. Sie folgen also keiner stilistischen Entwicklung von der Gotik hin zum Barock, sondern bleiben so, wie sie in byzantinischer Zeit gestaltet wurden. Und ganz ähnlich verlaufen die Gedanken in der westlichen Welt, wenn es um das Abbild unserer Superstars, unserer Idole geht – sie müssen forever young sein. Die einzige Ausnahme von dieser Regel scheinen die Rolling Stones zu sein, die in Ehren ergrauen durften und vermutlich noch mit 80 auf der Bühne stehen werden. Andere, z.B. Udo Jürgens oder Roberto Blanco (von Gerd ignoriert), werden einfach nicht älter, höchstens dicker.

Gerd Michel zeigt uns Idole seiner und auch meiner Jugend auf. Die von ihm aufwendig am Computer mittels Fotoshop-Programm bearbeiteten Bilder sind uns allesamt bestens vertraut, wir haben sie in den Medien, auf Plattencovern und sonst wo immer wieder gesehen.

Normalerweise werden an dieser Stelle das Leben und der Werdegang des ausstellenden Künstlers umrissen. Doch den Hausherrn vorzustellen, das hieße Eulen nach Athen tragen; falls jemand tatsächlich erstmal hierher gestoßen sein sollte, sollte nur so viel wissen: Geboren 1954 in Schweinfurt, Studium Kommunikationsdesign bei Wolfgang Bäumer und Leo Dittmer an der Würzburger Fachhochschule, seit 35 Jahren Galerist. Wenden wir uns lieber den Werken zu, insgesamt sind es 19 Motive, schauen, wie sie gefertigt sind und was sie uns zu sagen haben: Ausgehend von meist kleinen Fotos, die eingescannt wurden, wird zunächst der Bildausschnitt festgelegt. Dann erfolgen Farbveränderungen und Überblendungen mit abstrakten Kompositionen, wobei bis zu 18 Folien übereinandergelegt werden. Letztlich wird das Ganze im High-End-Druckverfahren zu Papier gebracht und hinter Acryl kaschiert.

Mit diesem künstlerischen Prozedere erzielt Gerd Michel Bilder, die nichts mehr mit den Postern oder dem legendären, 1959 erfundenem Bravo-Star-Schnitt gemein haben, sondern uns die Protagonisten verfremdet, ja entrückt präsentieren. Marilyn Monroe, Liz Taylor oder die Beatles, mit den bereits verstorbenen John Lennon und George Harrison, blicken uns wie aus einer anderen Welt an, teilweise verdoppelt, in unterschiedlicher Größe. Gerade dieser Blickkontakt, der auf fast allen Arbeiten aufscheint, fesselt den Betrachter, lässt in ihm Erinnerungen an die Jugend aufkeimen.

Ob es wirklich erstrebenswert ist, wie die Stars im Bild für immer jung zubleiben, sei dahingestellt. Wie sang die Gruppe Alphaville vor fast 30 Jahren? – „Youth’s like diamonds in the sun. And diamonds are forever. Forever young, I want to be forever young. Do you really want to live forever?“

 

Prof. Dr. Josef Kern

Carmen Casanova

Carmen Casanova: Glamourama

Reflexionen über die übliche Sprache der postmodernen Gesellschaft durch eine Neudefinition von “Pop”. Durch die postmodernen feministischen Theorien wird eine Neudeutung der Rolle der Frau postuliert, in der sie ihre Identität wiedererlangt und mit Hilfe ihrer “weiblichen Waffen” ihre Sichtbarkeit erhöht.

In einer Bildsprache, die aus der Idee des “Pastiche” entstanden ist, werden verschiedene klassische und aktuelle Referenzpunkte genutzt, bei denen die Weiblichkeit und der Glamour als Verführungswaffe fungieren. Dabei wird die Komsumgesellschaft, der Lebensstil und die Ästhetik hinterfragt, die uns die Modeverlage und die Massenmedien auferlegen.

Das scheinbar frivole Covergirl ist zu einem Symbol voller Inhalte geworden, wo die Weiblichkeit Form und Struktur annimmt. Das Konzept des Körpers in der Werbung wird zum bloßen Schein, der die Werte von Schönheit und Perfektion idealisiert. Der Körper wird neu erfunden als eine Form des Konsums und als ein Bild, das Begierde auslöst. Die Frau erscheint als Konsumentin und als Konsumobjekt gleichzeitig, während die uniformierte Schönheit der von Schönheitschirurgen operierten Körper die Identität zerstört.

Die Models, die die Werbekampagnen überfluten nutzen künstliche Posen als stereotype Gesten des Weiblichen, die bis zur Übersättigung wiederholt, schließlich zur Norm der Weiblichkeit geworden sind. (Hannah Wilke)

Nach der Durchsetzung gewisser ästhetischer Regeln von Seiten der Medien sind die Frauen auf despotische Art und Weise einer Überflutung durch retuschierte Bilder ausgesetzt, die eine irreale Schönheit darstellen. Diese quälenden Vorbilder unterwerfen die Frau, so dass in dem Moment, in dem historische Umstände der Wehrlosigkeit überwunden werden, neue, andersartige geschaffen werden, um die Kontrolle des Patriarchats aufrecht zu erhalten.

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